Lothar Kurz: Die Geschichte der Salzgewinnung in Bentlage muss neu geschrieben werden.
Fromme Fälschung über Bentlage
Gäste führen mit neuen Erkenntnissen
23. März 2023: MV-Artikel vom 23.03.2023
Der Saisonstart für die Gästeführungen begann in diesem Jahr mit einer Fortbildung über die Salzgeschichte von Rheine. Christiane Kerrutt von den Städtischen Museen konnte auch im Namen des R.T.V. im Salzsiedehaus zahlreiche Gästeführer und Gästeführerinnen vom „Bentlager Dreiklang“ begrüßen. Sie nutzte die Gelegenheit auch für einen Ausblick auf das Programm für das „Salzjahr“ 2023 in Rheine.
Lothar Kurz referierte vor interessiert Zuhörenden über die Frage, für welchen Zeitpunkt sich die Salzherstellung in Bentlage erstmals sicher belegen lässt. Dabei wurde schnell deutlich: Die Geschichte über dieses Datum muss neu geschrieben werden. Alle Stadtgeschichten berichten einhellig, dass eine Urkunde aus dem Klosterarchiv einen sicheren Nachweis darüber erbringe, dass hier seit 1000 Jahren Salz gewonnen wurde. Von daher erschien, so Kurz, im Vorfeld das Ausrufen eines Jubiläumsjahres für 2023 angemessen. Seine Forschungen an den Originalurkunden ergaben aber bald: die Aussage über die nachgewiesenen 1000 Jahre Salz in Rheine lässt sich nicht halten.
Das Publikum erfuhr mit Erstaunen, wie genau man im Umgang mit einer Urkunde sein muss, von der es kein Original, sondern nur eine Abschrift von 1633 gibt, basierend auf einer Abschrift von 1439. Der bischöfliche Schreiber von 1439 fügte für den Prior des Kreuzherrenklosters damals wohl einiges zusammen, was nicht zusammengehört. Die in Latein verfasste, unbestritten echte Dokumentation darüber, dass eine edle Frau Reinmod 1022/23 in Bentlage eine Kirche stiftete, verband er durch einige Wendungen mit einer mittelniederdeutschen Urkunde aus anderem Zusammenhang. So entstand der Eindruck, es habe bereits vor 1000 Jahren in Bentlage ein „solthues“ und ein „soltkamp“ gegeben. Damit war eine Erzähltradition begründet, die Kurz mit genauer Sprachanalyse zurückwies. Das verwendete Deutsch sei das der Zeit der Montage, nicht älter. Auch die Benennung von Personen mit Vor- und Nachname oder die Auflistung einzelner Gebäude wie hier das „Solthues“ habe es in der Zeit vor 1000 Jahren nicht gegeben, sondern erst bei der Erstellung der frommen Fälschung. Diese sollte wohl dem Kloster Argumente im Streit um die Nutzung eines Waldstückes liefern.
Belastbare schriftliche Belege für die Salzgewinnung datieren also erst aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, was nicht heißt, dass Menschen vielleicht auch schon vor 1000 Jahren das Bentlager Salz entdeckt und genutzt haben können. Kurz bot ein anderes rundes Datum zum Feiern an: Seit genau 100 Jahren ist die Saline Gottesgabe in städtischem Besitz, und das unbestritten.
Rheine, 23. März 2023
Aktuelles
Seminar rund um KräuterMit dem Themenschwerpunkt „Salz ist nicht gleich Salz“ am Mittwoch, 25. September, um 19 Uhr […]
Schausieden im SalzpavillonEin öffentliches Schausieden mit dem Gästeführer Markus Vogel bietet der RTV am Sonntag, 15. September, […]
Mitgliederversammlung im historischen SalzsiedehausIn der vergangenen Woche hielt der Förderverein Saline Gottesgabe turnusmäßig seine Mitgliederversammlung an historischer Stätte […]
Schausieden im Salzpavillon„Rheine.Tourismus.Veranstaltungen.“ bietet am kommenden Sonntag, 25. August, in Kooperation mit dem Förderverein Saline Gottesgabe ein […]
Nordrhein-Westfälische Salzwelten: Die GottesgabeZu den bedeutendsten Technikdenkmälern NRWs aus vorindustrieller Zeit gehört der Salinenpark im münsterländischen Rheine, wo […]